Von einer weiteren Ladung nussgefüllter Auberginen hatten wir Granatapfel über, für mich ein eindeutiger Wink des Schicksals, mich endlich mal an den Nachbau eines meiner mexikanischen Lieblingsgerichte zu machen: Chiles en Nogada, gefüllte Poblano-Chillis in Walnuss-Sauce.
Die hierzulande unverdient, aber – wie sich gleich zeigen wird – nicht grundlos unbekannten Chiles en Nogada gehören in Mexiko zu den bekanntesten „Nationalspeisen“. Dass sie in den Farben der Landesflagge daherkommen, ist ihrer Popularität bestimmt nicht abträglich; Hauptgrund für ihre Beliebtheit dürfte aber schlicht und ergreifend sein, dass es sich bei den gefüllten Chilischoten um eine ausgesprochene Köstlichkeit handelt, bei der sich die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen – deftig, süß, säuerlich – und Konsistenzen – weich, bissfest, schaumig – aufs Harmonischste zusammenfügen.
Hinzu kommt, dass Chiles en Nogada ein besonderes Essen sind. Man schüttelt sie nicht einfach mal so aus dem Ärmel, denn es gibt eine ganze Menge zu schnibbeln und zu hacken. Vor allem aber gilt es, für die namensgebende Sauce (Nogal=Walnussbaum) von frischen Walnüssen die bitteren Häutchen abzufriemeln, was, wie jeder Herbstwanderer mit Sammeltrieb weiß, eine Heidenarbeit ist. Zur groben Orientierung: ein Rezept mit Zeitangabe plant pro Esser eine halbe Stunde Häutchenabfuzzelb ein – ausnahmsweise bin ich mal nicht sonderlich unglücklich über A.s Walnussallergie (auch wenn die Sauce ein Genuss ist).
Vom zeitlichen Aufwand abgesehen sind Chiles en Nogada auch deshalb etwas Besonderes, weil man sie nicht immer essen kann, wenn einem danach gelüstet. Gleich eine ganze Reihe von Zutaten ist nur eine bestimmte Zeit im Jahr erhältlich, und loskochen kann man erst, wenn alle Saisonfenster gleichzeitig offen stehen: das der Walnüsse, die wie gesagt frisch und milchig sein müssen, das der Poblano-Chilis und das der benötigten Früchte Granatapfel, Apfel, Birne und Pfirsich, wobei hier noch zu beachten wäre, dass man nicht den erstbesten Apfel, sondern die Sorte Panochera verwendet, nicht irgendeine Birne, sondern Lechera- oder San Juan-Birnen, und beim Pfirsich sollte es bitte der Criollo-Pfirsich sein.
Dass es hierzulande so gut wie unmöglich sein dürfte, Chiles en Nogada nachzukochen, die ihren Namen auch nur ansatzweise verdienen, ist offensichtlich. Wo man noch nicht mal die Basis, die nur leicht scharfen Poblano-Chilis, frisch erhält. Es müssen also Abstriche in Kauf genommen werden. Und so greife ich, während ich im Geiste die Chiles aus dem Rezeptnamen streiche, zu grünen Spitzpaprikas, das en Nogada streiche ich allergiebedingt gleich mit. Jetzt, da vom ursprünglichen Namen nichts mehr übrig ist, liegt meine Hemmschwelle ziemlich niedrig; ohne Skrupel ersetze ich Hackfleisch durch Sojaschnetzel, was nicht nötig wäre, und Pfirsiche durch getrocknete Aprikosen, was die fortgeschrittene Jahreszeit erfordert. Quasi als Wiedergutmachung gebe mir dafür besondere Mühe bei der Recherche der würdigsten Ersatzäpfel und -birnen, entscheide mich schließlich aber doch eher intuitiv als wissend für Boskop und Conference (Vorschläge substitutionserfahrener Expats sind herzlich willkommen!). Das ist zugegebenermaßen alles ziemlich brachial, und vielleicht sollte ich froh sein, dass meine letzten richtigen Chiles en Nogada fast 10 Jahre zurückliegen und die geschmackliche Erinnerung schon nicht mehr klar umrissen ist. So waren A. und ich beide hochzufrieden mit dem Ergebnis und ich konnte es als gelungene Hommage – und nicht als schlechte Karikatur – verbuchen.
Rezept
für 2 x 2 Personen
für die Paprika
8 große grüne Spitzpaprika (ca. 900 g)
2 scharfe grüne Peperonis
175 g feines Solagranulat oder 500 g Hackfleisch vom Schwein (dann die mit einem * markierten Zutaten weglassen)
* 1/2 l Gemüsebrühe (1 Zwiebel, 1/2 Lauch, 1 Karotte, 1 Stückchen Sellerie)
* 1 EL Majoran
* 1/4 TL Kreuzkümmel
* 4 EL Balsamico
2 mittelgroße Zwiebeln
400 g Tomaten
6 Zehen Knoblauch
4 Lorbeerblätter
1 Zimtstange
1 gehäufte Msp Nelkenpulver
Chilipulver
40 g Rosinen
40 g Pinienkerne
60 g Mandeln
je 1 Apfel, Birne, Banane
4 getrocknete Aprikosen
für die Sauce
100 g Mandeln
100 g Macadamia-Nüsse
350 ml Milch
60 ml Sherry (oder Brandy oder Cognac)
optional Ziegenfrischkäse; 2 guter EL oder nach Geschmack
* * *
Arbeitsschritte, die nur die fleischlose Variante betreffen, werden von *Sternchen* umklammert.
*Die Gemüsebrühe kochen.*
In der Zwischenzeit:
– die Tomaten kreuzweise einritzen und 30 Sekunden in der Brühe blanchieren.
– die Mandeln mit kochendem Wasser übergießen und döppen. 2/3 der Mandeln mit den anderen Zutaten für die Sauce pürieren. Wenn das Resultat nicht ganz fein ist, durch ein Sieb streichen. Kühl stellen.
– Die Paprika auf einer Seite längs aufschlitzen und auf einem Rost in den auf 200 °C vorgeheizten Ofen geben, bis sie weich sind (Blech drunter stellen). In Mexiko werden die Chilis über der Herdflamme angesengt und die Haut dann entfernt. Mir macht die Haut nichts aus, deshalb spare ich mir diesen Schritt. Wer die Haut nicht mag, legt die Paprikas vor dem Häuten eine Weile in eine gut schließende Dose oder eine Plastiktüte. Abkühlen lassen und die Kerne vorsichtig entfernen.
Das Obst würfeln und in der Reihenfolge Apfel, Birne, Banane kurz anbraten. Beiseite stellen.
Die Zwiebeln ebenfalls würfeln und glasig anbraten. Gehackte Peperoni und Knoblauch, Lorbeerblätter, Zimtstange, Nelkenpulver und Chili dazugeben und etwas mitbraten, dann Rosinen, die gewürfelten Aprikosen und *die Sojaschnetzel, etwas Brühe, den Balsamico und die restlichen Gewürze* bzw. das Hackfleisch zufügen. Verwendet man Sojaschnetzel, nach und nach solange Brühe zugeben, bis eine gute Konsistenz erreicht ist.
Die Tomaten häuten, klein schneiden und zu der Füllung geben. Auf niedriger Flamme köcheln lassen, bis sich die Geschmäcker gut vermengt haben und die Flüssigkeit verdampft ist. Das angebratene Obst unterrühren.
Die Paprikas füllen. Zum Servieren eine gefüllte Paprika auf einen Teller geben, mit der Sauce übergießen und mit Granatapfelkernen und Petersilie bestreuen.
Die Paprika können warm, lauwarm oder kalt gegessen werden.