Noch vier Adventswochenenden, dann ist Weihnachten. Noch ein Monat, dann ist das Jahr rum. Der Wunsch, dass diese Restzeit nicht in Stress ausarte, sondern eine Zeit der Muße, des Innehaltens oder Sich-Besinnens sei, ist weit verbreitet. Leider jedoch sind Weihnachten und Jahresende nicht nur die Gründe für diesen Wunsch, sondern auch die Hindernisse, die seiner Umsetzung im Wege stehen.
Mein Vorschlag für eine endspurtentschleunigende Abendgestaltung in diesen Wochen ist die Zubereitung eines Borschtschs. Sie zwingt zu Muße, zumindest wenn man Borschtsch so wie ich gerne mit filigran gestifteltem Gemüse isst, erfordert aber gleichzeitig nicht viel Konzentration und ist somit sehr geeignet für einen gemütlich gemeinsam verschwatzten Kochabend.
Das Rezept habe ich mir entlang des Kochbuchs „Nationale Küchen“ zusammengebastelt, das Ende der 70er Jahre einen Überblick über typische Gerichte der sowjetischen Unionsrepubliken gab. Schon das Einlesen in die Kunst des Borschtsch-Kochens ist nichts für Ungeduldige: insgesamt dreieinhalb bilderlose Seiten mit insgesamt sieben Rezeptvarianten sowie vier Möglichkeiten, wie man den Rote Beete-Kwas ansetzt, der dem Borschtsch seine milde Säure verleiht. Lässt man sich darauf ein, hat das aber nichts Abschreckendes, im Gegenteil – nach Lektüre der anderthalbseitigen Einleitung hätte ich am liebsten die Axt aus dem Schuppen geholt, um einen Sack voll Knochen für die fleischhaltige, 6 1/2 Stundenvariante zu spalten. Im Sinne der Stressminimierung habe ich dieses Projekt aber doch erst mal vertagt und mich für eine vegetarische Version entschieden, die uns schnippelnder- und genießenderweise einen gleichermaßen angenehm entspannten wie entspannenden Start ins erste Adventswochenende beschert hat.
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PS: Natürlich haben auch wir unseren Bortsch mit Sauerrahm gegessen, ich habe es jedoch nicht über mich gebracht, die Monochromie des Photos zu zerstören.
Und wo ich gerade bei der „typischen“ Farbigkeit des Borschts bin, gibt’s auch noch ein PPS: hättet Ihr gedacht, dass der Eintopf farblich sozusagen eine 180 Gradwendung mitgemacht hat und ursprünglich mal grün war? Nachzulesen hier in einem überaus interessanten Artikel des Publizisten Udo Pollmer zur Geschichte des Borschtschs – nur für den Fall, dass man vor dem Servieren noch ein paar ruhige Minütchen übrig hat…
Rezept
für 2 x 2 Personen
3 mittelgroße Rote Beete (gut 600 g)
1 kleiner Weißkohl (ca 500 g bzw. 400 nach Enfernen des Strunks und der äußeren Blätter)
3 mittelgroße Kartoffeln (500 g)
2 Mohrrüben (200g)
1 große Petersilienwurzel (200 g)
1 Zwiebel
4 Lorbeerblätter
250 ml Brottrunk
2 EL Essig
1 EL Tomatenmark
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am Vorabend, gerne auch 2 Abende vorher
Eine Rote Beete schälen, grob reiben und mit dem Brottrunk übergießen. Zugedeckt an einen warmen Ort stellen.
am Tag selber
Die verbliebenen Rote Beeten streichholzgroß (wenn auch nicht ganz so schmal) stifteln, mit Essig, Tomatenmark, einem Schuss Wasser und etwas Salz weich schmoren. Beiseite stellen.
Die Zwiebel in kleine Würfel schneiden und mit Salz in Butter glasig anbraten. Die Petersilienwurzeln stifteln und zu den Zwiebeln geben, ebenso die Karotten. Wenn das Gemüse al dente ist, beiseite stellen.
Das Weißkraut vierteln, dann in feine Streifen schneiden und mit 1 1/2 l kochendem Wasser übergießen; bei kleiner Hitze knapp weich kochen.
Die Kartoffeln schälen, in fingerdicke Würfel schneiden und zu dem Weißkraut geben. Kurz danach die Karotten-Petersilienwurzel-Zwiebel-Mischung dazugeben und noch ca. fünf Minuten weiterkochen.
Ganz zum Schluss die Rote Beete dazugeben, den Borschtsch noch einmal kurz kochen lassen, vom Herd nehmen, mit Salz und dem Rote-Beete-Brottrunk abschmecken und vor dem Servieren noch mal gut 15 Minuten durchziehen lassen.